„Fremde Welten zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisationen …“
Gene Roddenberrys Worte aus dem Vorspann der Serie „Raumschiff Enterprise“, wie „Star Trek“ in Deutschland ja hieß, haben sich mir als Kind eingebrannt und mich nie wieder losgelassen. In unzähligen Sciencefiction- und Fantasy-Romanen bin ich dem Ruf des Abenteuers gefolgt, hinein in Anne McCaffreys Welt der Drachenreiter von Pern, Frank Herberts Dune, Isaac Asimovs Foundation-Universum, J. M. Straczynskis Welt von Babylon 5 usw. usf. Und jetzt baue ich eine eigene neue Welt, die das Ankh-Universum, das meine Frau und ich über viele Jahre hinweg angelegt haben, erweitert.
Eine neue Welt zu erschaffen, mit ihren Bewohnern und deren Geschichte, ihrer Technologie und Soziologie kann man als Riesenaufgabe ansehen oder als einen Riesenspaß. Ich entschied mich für letzteres, und seitdem stoße ich täglich eine andere Tür auf und finde neue, spannende Dinge dahinter. Der Wissenschaftler in mir will Konsistenz, Stringenz und Logik. Der 12-Jährige in mir will einfach nur Neues entdecken.
Die Welt in der wir leben ist so, wie wir sie uns erklären. Nicht alle Erklärungen sind richtig, aber solange eine Erklärung für uns Sinn macht und uns dabei hilft, die Welt zu verstehen und Lösungen für anfallende Probleme zu finden, bleiben wir bei einer einmal gefundenen Sichtweise. Und jede damit gefundene Lösung bestärkt uns darin, diese Erklärung beizubehalten.
Fremdartigkeit ist beim Weltenbau leicht zu erreichen. Man denke nur allein an die Verschiedenartigkeit menschlicher Kunst und Kultur, Architektur und Lebensweise in Ost und West. Abgefahrene Architektur? Kein Problem. Ausgefallene Körperformen? Schauen wir uns mal gewisse Einzeller und Viren an und erst diese Tiefseebewohner. Soziologie und Reproduktion? The sky is the limit.
Wie jedoch wird meine Welt interessant und nachvollziehbar, nicht distanziert und kalt oder gar völlig unverständlich?
Roddenberry stand vor diesem Problem beim Entwurf seines Star-Trek-Universums und anderer SF-Serien. Vor mehr als 50 Jahren wollte er Sciencefiction-Storys erzählen, die die Zuschauer berühren und zum Denken anregen sollten. Er musste sich diesen Fragen stellen, denn es gab zu jener Zeit keine echte SF-Serie im Fernsehen, keine Serie, die einen Gegenentwurf zur aktuellen Gesellschaft anbot. Er wusste bereits damals, dass
„ein Sciencefiction-Gerät oder eine Waffe dreimal so aufregend ist, wenn sie nicht auf einem fremden Planeten, sondern in einer vertrauten Erdumgebung benutzt wird. Das maßgebliche Wort ist ‚Kontrast‘.“ (Gene Roddenberry – Die autorisierte Biographie“, David Alexander, Heyne Verlag 1997, S. 407)
Als Beispiele führte er die Star-Trek-Episoden an, in der Kirk, Spock und andere Mitglieder der Besatzung in unsere Gegenwart gerieten. Sie standen besonders hoch in der Gunst der Zuschauer. Oder man denke an „Star Trek IV – Zurück in die Gegenwart“. Dr. McCoy gibt einer Dialysepatientin eine Pille, die der Frau eine gesunde Niere wachsen lässt. Wir verstehen – auch und insbesondere emotional – den Wert dieses ‚Sciencefiction-Geräts‘, denn es kontrastiert stark mit dem ‚finsteren Mittelalter‘, wie McCoy unsere Gegenwart bezeichnet.
Und weiter meint Roddenberry:
„Jeder erfolgreiche Autor sollte wissen, dass der einzige Feind, der in der Lage ist, eine Fernsehserie zu tragen, der Mensch selbst ist. […] Es hat noch nie ein Buch, Drehbuch, Bühnenstück oder Fernsehspiel gegeben, das ein anderes Thema als ‚Der Mensch im Kampf mit sich selbst‘ – oder mit anderen Menschen – aufgegriffen hat und dabei erfolgreich war.“ (ebenda)
Ich werde seinen Rat beherzigen.
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